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National: Das Kinder- und Jugendhilfegesetz und das Bundesbaugesetz

Kinder- und Jugendhilfe-Gesetz

Im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) ist geregelt, dass alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland das gleiche Recht auf Beteiligung haben: Kinder und Jugendlichen sind an allen sie betreffenden Entscheidungen in geeigneter Weise zu beteiligen, heißt es im Artikel 8 des SGB VIII. Konkret bedeutet das, dass Kinder und Jugendliche angehört und ihre Interessen und Vorschläge berücksichtigt werden müssen. „In geeigneter Weise“ meint, dass die Form der Beteiligung altersgerecht sein muss.

§ 8 SGB VIII

Beteiligung von Kindern- und Jugendlichen

(1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte im Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren vor dem Familiengericht und dem Verwaltungsgericht hinzuweisen.

(2) Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden.

§ 4a SGB VIII

Selbstorganisierte Zusammenschlüsse zur Selbstvertretung

(1) 1Selbstorganisierte Zusammenschlüsse nach diesem Buch sind solche, in denen sich nicht in berufsständische Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe eingebundene Personen, insbesondere Leistungsberechtigte und Leistungsempfänger nach diesem Buch sowie ehrenamtlich in der Kinder- und Jugendhilfe tätige Personen, nicht nur vorübergehend mit dem Ziel zusammenschließen, Adressatinnen und Adressaten der Kinder- und Jugendhilfe zu unterstützen, zu begleiten und zu fördern, sowie Selbsthilfekontaktstellen. 2Sie umfassen Selbstvertretungen sowohl innerhalb von Einrichtungen und Institutionen als auch im Rahmen gesellschaftlichen Engagements zur Wahrnehmung eigener Interessen sowie die verschiedenen Formen der Selbsthilfe.

(2) Die öffentliche Jugendhilfe arbeitet mit den selbstorganisierten Zusammenschlüssen zusammen, insbesondere zur Lösung von Problemen im Gemeinwesen oder innerhalb von Einrichtungen zur Beteiligung in diese betreffenden Angelegenheiten, und wirkt auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit diesen innerhalb der freien Jugendhilfe hin.

(3) Die öffentliche Jugendhilfe soll die selbstorganisierten Zusammenschlüsse nach Maßgabe dieses Buches anregen und fördern.

Warum § 4a?

Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) wurde § 4a SGB VIII geschaffen, um Selbstvertretung und Selbsthilfe von Adressat*innen der Jugendhilfe wirksam in Entscheidungsprozesse einzubinden – nach dem Leitgedanken „Nichts über uns ohne uns“. § 4a konkretisiert die Kooperation aus § 4 SGB VIII und knüpft an Beteiligungs- und Ombudsstrukturen (u. a. §§ 8, 9a, 71, 78) sowie die Förderlogik des § 74 an. Ziel ist nicht nur das „Angehörtwerden“, sondern Mitgestaltung von Bedarf, Qualität und Ausgestaltung der Leistungen.

Was gilt als „selbstorganisierter Zusammenschluss“?

Ein Zusammenschluss i. S. v. § 4a liegt vor, wenn sich nicht berufsständisch eingebundene Personen (insbesondere Leistungsberechtigte/-empfänger nach dem SGB VIII sowie Ehrenamtliche) nicht nur vorübergehend zusammenschließen, um Adressat*innen der Jugendhilfe zu unterstützen, zu begleiten und zu fördern; einbezogen sind Selbsthilfekontaktstellen. Das gilt innerhalb von Einrichtungen (z. B. Heimräte) und im Gemeinwesen. Erforderlich ist ein erkennbares Mindestmaß an Organisation; eine bestimmte Rechtsform ist nicht nötig.

Wie weit ist die Zielgruppe?

Die Zielgruppe ist breit: Adressat*innen der Jugendhilfe sind Kinder, Jugendliche, junge Volljährige und ihre Familien/Eltern – und damit weit über Hilfen zur Erziehung (HZE) hinaus. Erfasst sind u. a. Careleaver-Gruppen, Eltern- und Pflegeelterninitiativen, Selbsthilfe, Jugendverbände, Einrichtungsvertretungen und thematische Interessenvertretungen im Gemeinwesen. § 4a arbeitet leistungsfeldübergreifend (auch §§ 11 ff. – Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz). 

Jugendgremien/-räte/-parlamente nach § 4a – und NRW-Spezifik

Kommunale Jugendparlamente/-räte erfüllen § 4a regelmäßig, wenn sie:

  • nicht berufsständisch organisiert sind (Selbststeuerung junger Menschen, fachliche Unterstützung ohne Weisungsabhängigkeit),
  • einen klaren Jugendhilfe-Bezug (Unterstützung/Förderung von Adressat*innen der KJH, nicht nur schulinterne Themen) festschreiben,
  • nicht nur vorübergehend arbeiten (Regeltermine/Amtszeiten/Arbeitsprogramm),
  • eine erkennbare Organisation haben (Name, Ansprechpersonen, GO/Satzung, Beschlussverfahren, Protokollierung, Kontaktkanäle),
  • inklusive und barrierearme Zugänge sichern.

NRW hat diese Linie gesetzlich aufgegriffen: Seit der Novelle 2025 heißt es im 1. AG-KJHG NRW (§ 5), dass dem Jugendhilfeausschuss als beratende Mitglieder selbstorganisierte Zusammenschlüsse nach § 4a SGB VIII angehören sollen. Kommunen müssen ihre Satzungen entsprechend anpassen.

§ 11 SGB VIII

Jugendarbeit (1)

Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.

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Baugesetzbuch

Die Beteiligung junger Menschen wird durch § 3 BauGB geregelt. Kinder und Jugendliche sind als Teil der Öffentlichkeit demnach frühzeitig über Planungen zu informieren und sie müssen die Möglichkeit haben, zu baulichen Vorgaben Stellung zu nehmen.

§ 1 BauGB

Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen: Nr. 3 die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,

§ 3 BauGB

Beteiligung der Öffentlichkeit

(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1.

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